Die Welt der Waren und Geschäfte übt heute mehr denn je eine Faszination aus, der sich kaum einer entziehen kann oder will. In der modernen Konsumgesellschaft unterstreicht der Besitz bestimmter Güter unseren sozialen Status und vermittelt, zumindest vorübergehend, Lebensfreude. Gleichzeitig hat der private Konsum einen enormen Anteil an der Wirtschaftsleistung eines Landes. Städte waren die ersten Orte, an denen dieser gesellschaftliche Wandel greifbar wurde. Am Beispiel Luxemburgs geht die Ausstellung der Frage nach, wie sich die Stadt zunehmend zu einem Ort des Einkaufens bzw. "Shoppings" entwickeln konnte.
Vor rund 200 Jahren wurde vor allem das eingekauft, was einem reellen Bedarf entsprach. Die Erzeuger, in Zünften organisiert, verkauften ihre Ware zumeist direkt an den Verbraucher. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, parallel zur Entwicklung der industriellen (Über-)Produktion und zum Bevölkerungswachstum, diversifizierte sich der Handel, und in den Städten entstanden spezialisierte Geschäfte. So auch in Luxemburg, wo vor allem nach der Entfestigung der Stadt ab 1867 und dann während der Belle Époque größere Warenhäuser aufkamen, wie sie als wahre "Konsumtempel" bereits in den europäischen Metropolen existierten.
Die Ausstellung zeigt, wie sich der Einzelhandel seit dieser Umbruchszeit weiterentwickelt hat. In Luxemburg, aber auch andernorts, findet man heute nur noch wenige Traditionsgeschäfte, die aus der Frühzeit stammen. Die Weltwirtschaftskrise der 1920er und 30er Jahre stellte die erblühende städtische Geschäftswelt vor erste Herausforderungen, worauf man mit der Schaffung der bis heute beliebten 'Braderie' reagierte. Der wirtschaftliche Aufschwung der 1950er und 60er Jahre und der damit einhergehende gesteigerte Konsum brachten neue Formen des Verkaufs mit sich wie Selbstbedienungsläden und Supermärkte. Die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung ließ seit den 1970er Jahren riesige Einkaufszentren in der Peripherie der Stadt entstehen. Heute verlagern sich immer größere Anteile am Handel ins Internet (e-commerce), worauf der Einzelhandel mit der Verstärkung des Erlebnischarakters beim Einkaufen durch Investitionen in Shop-Design und Service reagiert.
Antike Vitrinen, Tresen, Registrierkassen, Verpackungen, Hutschachteln, Tüten, Werbeplakate und Schaufensterpuppen sowie historische Kinderkaufläden, sämtlich in der Ausstellung zu finden, verströmen den Charme einer "guten alten Zeit" und wecken vielfältige Erinnerungen. Doch werden dabei auch die dunkleren Momente der Geschichte nicht vergessen, wie die "Arisierung", d.h. brutale Enteignung der jüdischen Geschäfte während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Die Schau bietet des weiteren Einblick in heute skurril anmutende Momente aus der frühen Konsumwelt wie der Identifikation des Ladendiebstahls als typisch weibliche "Krankheit".
Der Besucher entdeckt zudem, wie die foto- und cinematographische Kunst sich des Konsumthemas, zumeist kritisch, angenommen hat - von den Surrealisten der 1920er Jahre bis zu den Lebenswelten moderner Shop addicts.